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Stellungnahme zum Haushaltsplanentwurf 2019

Falsche politische Gewichtung

Christoph Boll, UWG-Fraktionsvorsitzender

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Kreistages,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
sehr geehrter Landrat Dr. Effing,

es ist in diesem Jahr so einfach. Landrat und Kämmerer schlagen für den Kreishaushalt 2019 eine historisch niedrige Kreisumlage vor. Und auch der Zahlbetrag der Städte und Gemeinden steigt im aktualisierten Etatentwurf mit 600.000 Euro nur minimal und nicht einmal in Höhe des Inflationsausgleichs. Da müssten doch alle im Kreis – einschließlich der Bürgermeister aller politischen Couleur – zufrieden sein.

Diese gute finanzielle Situation verdanken Verwaltung und Kreistag nicht in erster Linie eigener Kraftanstrengung. Wir erhalten sie als Geschenk einer anhaltenden positiven gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Egal wie lange die Konjunktur anhält, sie wird irgendwann ebenso enden wie das langanhaltende schöne Sommerwetter dieses Jahres. Dass die aktuelle Ausgangslage gleichwohl sofort Begehrlichkeiten weckt, die dauerhafte Folgen zeitigen, wenn ihnen nachgegeben wird, dazu kommen wir ja im weiteren Verlauf dieser Sitzung noch. Das ist übrigens auch ganz ähnlich wie beim Sommerwetter: Die Dürreschäden der Trockenheit folgen später.

Meine Damen und Herren,
rein monetär betrachtet lässt sich am Entwurf des Kreishaushalts 2019 kaum etwas aussetzen. Auch die UWG freut sich über die solide finanzielle Lage des Kreises Steinfurt. Also ist doch alles gut und die Zustimmung zum Etatentwurf ganz einfach, oder? Nein, sie könnte einfach sein, schauten wir uns nicht an, was – oder was eben auch nicht – innerhalb des gesteckten finanzwirtschaftlichen Rahmens geschieht. Die UWG hat also das Zahlenwerk einer politischen Bewertung unterzogen und gefragt, ob die richtigen politischen Schwerpunkte gesetzt werden und verantwortlich mit dem Geld der Bürger umgegangen wird.

Ins Auge springt dabei natürlich zunächst der geplante Neubau des Westflügels mit einem integrierten „Haus der Gefahrenabwehr“ hier am Kreishaus. Wir haben das Vorhaben gemeinsam fraktionsübergreifend beschlossen. Es ist die größte und eine zukunftsweisende Investition in dieser Legislatur. Mit den Arbeitsplätzen und der Kindertagesstätte präsentiert sich der Kreis auch als moderner und attraktiver Arbeitgeber. Auch die Finanzierung über die Beteiligungsgesellschaft ist der richtige Weg.

Wie sehr aber nahezu alle Sparappelle in der gegenwärtig guten Finanzlage und der faktischen großen Koalition von CDU und SPD hier im Kreistag seit rund zwei Jahren ungehört verpuffen, belegt die Ablehnung, mit der eine Mehrheit unseren Antrag auf den Verzicht einer Parkpalette beschieden hat. Wir hätten rund zwei Millionen Euro weniger ausgeben können – und zwar ohne auf Stellplätze zu verzichten, wenn wir die nahegelegene kreiseigene brachliegende Fläche dazu genutzt hätten.

Zur politischen Bewertung gehört auch, Herr Landrat Dr. Effing, dass die UWG ausdrücklich das Ansinnen teilt, die K76n als Anbindung der Fachhochschule Steinfurt möglichst schnell zu bauen. Inhaltlich werde ich mich dazu später unter dem entsprechenden Tagesordnungspunkt unserer heutigen Sitzung äußern.

Meine lieben Zuhörer,
beredter Beleg für die angesprochenen Begehrlichkeiten sind übrigens die meisten Wunschlisten der anderen Fraktionen zum Haushalt 2019. Ja, es scheint ein Wettbewerb ausgerufen zu sein, wer das Geld am schnellsten mit beiden Händen ausgeben kann. Und weil kaum einer als Kostentreiber dastehen möchte, werden im Gegenzug vermeintliche Einnahmeverbesserungen vorgeschlagen, die in aller Regel unverantwortlich sind. Unverantwortlich, weil nicht wirklich kalkulierbar. Mit seriöser Haushaltspolitik hat das nichts gemein. Es handelt sich also entweder auf der Einnahmeseite um Luftbuchungen und ungedeckt Schecks oder soweit auf der Ausgabeseite reduziert werden soll, um den Verzicht auf notwendige Investitionen in die Infrastruktur. So überbieten sich CDU und SPD geradezu in dem Bemühen, bei der Straßenunterhaltung einen Investitionsstau zu schaffen.

Unter anderem Namen, nämlich „Einstieg in die Wohnraumförderung“ fand sich bei der SPD auch wieder das Hirngespinst einer kreiseigenen Wohnungsbaugesellschaft, die alle Bürgermeister einhellig ablehnen. Wir haben kommunale Wohnungsbaugesellschaften, die ihre Aufgabe gut erfüllen. Da die SPD bislang stets gemerkt hat, dass ihr Ansinnen im Kreistag keine Mehrheit findet, hat sie die entsprechenden Anträge vor der Abstimmung immer schnell zurückgezogen oder vertagt, um das Thema am Köcheln zu halten. Nun aber ist auch der großkoalitionäre Partner CDU auf das Thema eingestiegen. Eine wohnungspolitische Kommission soll es geben und ursprünglich wollte die SPD das Ganze mit einer halben Million Euro auf den Weg bringen. Mit Verlaub, meine Damen und Herren von der CDU, Sie haben den Preis zwar runter gehandelt. Aber auch im Vergleich zu diesem Ergebnis haben sie die Zustimmung der Grünen zum Haushalt 2017 wesentlich billiger erkauft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gilt endlich zu realisieren, dass der Gesamtbetrag der freiwilligen Leistungen kontinuierlich steigt. Und jeder hier weiß wie schwer es sein wird, dort Abstriche zu machen, wenn wirtschaftlich schwierige Zeiten kommen.

Meine Damen und Herren,
die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kreisverwaltung sind engagiert und leisten gute Arbeit. Die UWG würdigt dies ausdrücklich. Aber deshalb, Herr Landrat, muss deren Gesamtzahl doch nicht kontinuierlich steigen. 110 Stellen mehr weist der Stellenplan im Vergleich zu 2013 aus. Ich weiß sehr wohl, dass darin auch die ehemaligen fiktiven Stellen – etwa 30 waren es wohl – enthalten sind. Es gibt immer gute Gründe für die Aufstockungen: politische Beschlüsse – da fassen wir uns auch selbstkritisch an die eigene Nase – oder gesetzliche Vorgaben oder die Refinanzierung durch Dritte, teilweise oder ganz. Aber, Herr Dr. Effing, die Entwicklung ist nicht gut und Begründung „bessere Leistungserbringung“ ist uns wirklich zu dünn.

Verärgert ist die UWG über den Umgang mit ihren beiden vom Kreistag angenommenen Leitanträgen zu den Themen Demografie und E-Mobilität. Seit zwei Jahren warten wir auf die damals beschlossene Erstellung eines Demografie-Berichts, um daraus eine Demografie-Strategie erarbeiten zu können. Dazu müssen wir übrigens das Rad nicht neu erfinden. Andere Kreise und kreisfreie Städte sind uns da einige Schritte voraus. Die UWG verkennt nicht, dass wir im Kreis Steinfurt in vielen Bereichen das Thema punktuell ansprechen. Dazu zählen zuletzt auch die Themen Versorgung mit Ärzten und Pflegekräften. Es fehlt aber an einer Bündelung und Gesamtschau, aus der sich dann die notwendigen Schritte ableiten lassen.

Bei der vor einem Jahr auf den Weg gebrachten Forcierung der E-Mobilität erleben wir ebenfalls erst ganz lange nichts und dann als Höhepunkt eine Vorlage zur Ankündigung einer Vorlage. Etwas, das mir bis dahin noch nie untergekommen ist. In unserem Antrag hieß es damals: „Über das weitere Vorgehen entscheidet der Kreistag nach Vorlage eines Konzeptes durch die Kreisverwaltung vor der Sommerpause 2018.“ Das haben wir damals bewusst optimistisch formuliert in der Erwartung, wenigstens im Herbst etwas Greifbares in Händen zu halten.

Meine Damen und Herren,
die UWG hat damals ursprünglich die Wirtschaftsförderung mit dieser Aufgabe betrauen wollen. Und der Umgang mit dem Thema hat unsere Vorbehalte gegenüber dem Verein Energieland leider bestätigt. Erst geschieht ein halbes Jahr nichts, dann wird ein teures Gutachten extern vergeben. Abschließend noch eine Veranstaltung für Sektkelchhalter mit Kaltgetränken und Schnittchen. Das Ergebnis ist geduldiges Papier, aber nicht eine Ladesäule mehr. Ich sage Ihnen, wenn wir Mitarbeiter der Bau- und Planungsämter aus den Städten und Gemeinden an einen Tisch gerufen hätten, wäre dabei mit großer Wahrscheinlichkeit mehr Handfestes rumgekommen.

Mit dieser Verschleppung wurde dem gesamten Kreistag die Möglichkeit entzogen, diese Themen weiter zu bearbeiten, etwa in Form von Anträgen zum Haushalt. Das ist ein Grund, weshalb unsere Fraktion in diesem Jahr vollständig auf Anträge zum Haushalt verzichtet.

Sie mögen also gedanklich die UWG-Anträge aus den vergangenen Jahren als erneut eingebracht ansehen, ergänzt und aktualisiert um unsere bekannten Positionen zu WertArbeit, Kloster Gravenhorst, Sozialticket, Parkpalette, FMO, Münsterland e.V., Lappwaldbahn und alle anderen haushaltsrelevanten Positionen, die im laufenden Jahr gegen unsere Stimmen entschieden wurden.

Ich könnte natürlich das alles noch einmal inhaltlich erläutern. Aber die Fraktionen sind ja gehalten ihre Haushaltsreden allenfalls halb so lang wie der Landrat zu halten. Das eben Gesagte gilt im Übrigen auch für den Stellenplan, ergänzt um etliche neue Positionen im Stellenplan 2019, zuvorderst die 1,5 Stellen für die Erarbeitung von Landschaftsplänen. Und strategische Ziele wüssten wir auch noch einige. Da aber das Ergebnis eventueller Abstimmungen unschwer vorhersagbar ist, ersparen wir letztlich uns und Ihnen einen unnötig langen Sitzungsverlauf. Das ist allerdings kein Präjudiz für kommende Jahre.

Verehrte Zuhörer,
besondere Sorge macht uns weiterhin die Entwicklung der kontinuierlich steigenden differenzierten Kreisumlage. Aber auch die Bürgermeister unserer Städte und Gemeinden haben keine konkreten Verbesserungsvorschläge. Das zeigt ihre Stellungnahme zum Haushaltsentwurf.

Auch wenn die UWG grundsätzlich zu großer Zurückhaltung bei den freiwilligen Leistungen tendiert, möchten wir doch mit der Verwaltung und Ihnen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Kreistags, in eine Diskussion kommen. Wie verstehen wir den vorschulischen Sektor? Übernehmen Kindertagesstätten im Ü3-Bereich mehr Bildungs- oder Betreuungsaufgabe? Und wenn es Bildung ist, müsste sie dann nicht kostenlos sein? Wir sind dieser Überzeugung.

Ich habe Herrn Fuchs um eine Vorlage mit Daten und Fakten zu diesem Thema gebeten, die er zugesagt hat, Auf deren Basis können wir dann über weitere Gespräche entscheiden. Es geht dabei für den Kreishaushalt in Gänze um rund neun Millionen Euro jährlich. Unsere Fraktion bekennt aber bereits jetzt, dass für sie jeder einzelne Euro davon in der vorschulischen Bildung besser angelegt ist als in manchem anderen Bereich.

Verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer,
wie in jedem Jahr dankt die UWG allen Mitarbeitern der Kreisverwaltung, die an der Aufstellung des Haushaltsplans beteiligt waren, sowie sämtlichen Mitarbeitern, die sich mit dem Kreistag beständig für die Bürger einsetzen, und den anderen Fraktionen für einen weitgehend konstruktiven Dialog. Ihnen allen danke ich fürs Zuhören und wünsche bereits jetzt uns allen gesegnete Weihnachten, Gesundheit sowie ein friedvolles und vom gemeinsamen Ringen um gute Lösungen geprägtes Jahr 2019. Der Haushaltentwurf für das nächste Jahr aber hat viele – zu viele falsche politische Gewichtungen und Signale. Die UWG-Fraktion kann ihm aus den genannten Gründen nicht zustimmen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Es gilt das gesprochene Wort.)

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