Christoph Boll, UWG-Fraktionsvorsitzender
Liebe Kolleginnen und Kollegen des Kreistages,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
geschätzter Landrat Dr. Sommer,
Probleme, Probleme, Probleme. Wenn ich den ein oder anderen so höre, auch meiner Vorredner, ist fast schon Weltuntergang.
Sehen wir das Ganze doch mal positiv. Uns geht es verflixt gut. Wir leben dank einer robusten Wirtschaft gesamtgesellschaftlich auch hier im Kreis in Wohlstand, haben höchst entwickelte soziale Sicherungssysteme, ein gutes Bildungs- und Gesundheitssystem, eine funktionierende, gut ausgebaute Infrastruktur.
So viel ´mal vorab, um der Larmoyanz entgegenzuwirken. Mit dieser Ausgangslage steuern wir auf die Kommunalwahl im kommenden Jahr zu. Sie wird gottseidank von der Bundestagswahl getrennt sein. Denn das GehAMPEL in Berlin ist beendet. Da ist auseinander gerannt, was nicht zusammenpasst. Eine SPD, die längst von der Partei der Arbeiter zur Partei der Sozialarbeiter geworden ist, Bündnis 90/Die Grünen, die als Verbotsapostel sich im Besitz der allein selig machenden Wahrheit wähnen und den Menschen ihren Lebensentwurf vorschreiben möchten sowie eine FDP, die ihre sozialliberale Wurzel vergessen hat. Am Rande lauern auf ihre Chance eine Altkommunistin und die rechtsextremen Erben einer längst überwunden geglaubten braunen Vergangenheit. Beide vereint in der Front der Putin-Vasallen. Wir müssen auch hier vor Ort ein wachsames Auge darauf haben.
Am Rande: Auch bei uns im westlichen Münsterland und im Kreis Steinfurt läuft dem Vernehmen nach auseinander, was nicht zusammengefügt werden sollte. Eine gute Entwicklung für unseren Kreis.
Wenn ich mich eben gegen das allgemeine Lamentieren gewandt habe, heißt das nicht, es gebe keine Aufgaben, keine Krisen. Aber begreifen wir sie doch als Herausforderungen die es anzunehmen gilt. Das heißt zunächst einmal zu erkennen, dass der gesellschaftliche Wohlstand erarbeitet werden muss, bevor er verteilt werden kann. Und genau an diesem Punkt ist irgendwie die Luft raus wie bei einem Fahrradreifen. Da besteht dringender Reparaturbedarf.
Die Privatwirtschaft ist das Rückgrat auch unseres Kreises und es sind die privat erwirtschafteten Erträge, die den Kreis am Laufen halten. Diese Tatsache kommt in der Diskussion um staatliche Ausgaben viel zu kurz. Es ist überfällig, dass wir wieder mehr darüber reden, wo die Einnahmen herkommen und was für die Erzielung dieser Einnahmen wichtig ist. Und dann konzentrieren wir unsere Anstrengungen mal eine Zeitlang auf diesen Bereich.
Das meint nicht den Verzicht auf eigene Gestaltung wie ich ihn unlängst als Forderung der AfD in der Zeitung gelesen habe. Da hieß es, der Kreis solle sich auf seine Pflichtaufgaben beschränken. Ich habe mich dann gefragt, meine Herren von der AfD, warum Sie überhaupt hier sitzen. Für die Pflichtaufgaben braucht es uns als Kreistagsmitglieder nicht – und Sie schon gar nicht. Da gibt es nicht viel zu gestalten. Das kann im Zweifelsfall die Verwaltung ganz alleine.
Mit der nötigen Anstrengung zur Bewältigung der Herausforderungen wird es aber nicht viel, wenn der Leistungs- und Wettbewerbsgedanke bei der Arbeit, in der Schule und im Sport weiter so verpönt wird wie es seit geraumer Zeit geschieht. Es gibt nun mal Sieger, Zweit- und Drittplatzierte und andere, die unter „ferner liefen“ teilnehmen.
Wir müssen nicht alle gleich machen. Wir müssen aber sehr wohl denen helfen, die es aus eigener Kraft nicht schaffen. Man kann wirklich nicht sagen, unser Kreis käme dieser Aufgabe nicht nach. 70 Prozent unseres Rekordhaushalts von 905 Millionen Euro fließen in den Sozialbereich. Da müssen und dürfen wir beim besten Willen nicht noch dauernd oben drauf satteln.
Deshalb ist auch die Entscheidung zur WertArbeit richtig. Letztlich haben wir dabei einen für alle Beteiligten tragfähigen Kompromiss gefunden, der alles andere ist als eine Katastrophe oder ein Kahlschlag, wie es einige Ideologen behaupten. Es ist vielmehr verantwortungsvolle Politik. Was dabei gar nicht und wir nicht hinzunehmen bereit sind, ist, wenn zur Loyalität verpflichtete Angestellte dieses Kreises den Beschluss öffentlich diskreditieren oder zu konterkarieren versuchen. Nicht einverstanden sind wir auch mit dem neuen Projekt „Markt für Alle(s)“. Es taucht in dem uns vorgelegten Wirtschaftsplan der WertArbeit nicht auf und ist auch überflüssig. Denn solche Läden gibt es bereits einige, etwa in Metelen und Ibbenbüren sowie auf vielen selbstvermarktenden Bauernhöfen.
Manchmal hilft auch einfach schon die Konzentration auf das Wesentliche. Dazu gehört, die Verwaltung nicht mit unnötigen Zeitfressern zu belasten wie den Auftrag, eine umfassende Liste möglicher Konsolidierungsmaßnahmen für den Haushalt vorzulegen. Quer durch alle Ämter und Fachabteilungen ist in die Abarbeitung irre viel Aufwand – also Zeit und Geld – geflossen. Ausgegangen ist es wie das Hornberger Schießen. Denn für das, was Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, daraus an Antragsessenz gezogen haben, hätte es den Aufwand nicht gebraucht. Im Kern sind das eine Reihe Luftbuchungen, etliches bereits Erledigtes und ältere Anträge anderer Fraktionen, allein ein halbes Dutzend der UWG. Neues ist nix dabei herausgekommen -nur Aktionismus und Symbolpolitik.
Man darf auch ruhig mal zugeben, dass man falsch gelegen hat. Wir als UWG brechen uns jedenfalls keinen Zacken aus der Krone zu sagen, dass wir die jüngste Entwicklung des FMO in dieser Form nicht erwartet haben. Umso mehr freuen wir uns über die guten Wirtschaftszahlen des Flughafens. Vielleicht hat ja unsere kritische Begleitung der finanziellen Situation des Flughafens ein wenig zur Gesundung beigetragen.
Wir tragen deshalb auch ausdrücklich dessen jüngstes Finanzkonzept mit, zumal der Aufwand für unseren Kreis deutlich unter der von uns gesetzten Linie von jährlich 1,5 Millionen Euro bleibt und es sich nicht ein Zuschuss, sondern ein Kredit ist. Wenn dann noch zum Ende dieses Jahrzehnt wie von Geschäftsführer Prof. Schwarz in Aussicht gestellt der FMO seine Kapitalmarktfähigkeit wiedererlangt, entlastet das unseren Kreishaushalt. Die Weichen sind also in die richtige Richtung gestellt.
Es gibt weitere erfreuliche Tatsachen: Wir haben die Kreisehrengabe nicht nur ins Leben gerufen, sondern auch erste Preisträger gefunden. Der Beschluss war einstimmig. Die UWG freut und bedankt sich, dass ihr Antrag auf Einführung und ihre Anregung zur Vergabe ein positives Echo erhalten hat. Im Haushalt sind auch ein paar Tausender für die Feier im März vorgesehen.
Generell kennzeichnet den Etat unseres Kreises wie auch der der Städte und Gemeinden eine Unterfinanzierung der gesamten kommunalen Familie durch Bund und Land. In diesem Punkt geht es allen Münsterland-Kreisen gleich. Und auch die Stadt Münster ist finanziell nicht auf Rosen gebettet. Wir plädieren deshalb eindringlich, bei den Partnern im Münsterland e.V. auf eine gemeinsame Senkung der enormen Summen für eine Marken-Strategie Münsterland zu drängen. Wir glauben nicht an deren Erfolg. Schlimmer noch, wir können sie nicht einmal wahrnehmen.
Wenig erfreulich ist auch der immer weitere Anstieg der LWL-Umlage. Da ist heute eine Kämmerin am Werk, die wohl vergessen hat, dass sie als Mitarbeiterin unseres Kreises diese Entwicklung ebenfalls beklagt hat.
Im kommenden Jahr werden die Personal- und Versorgungsaufwand nach Plan um fast 13,3 Millionen auf mehr als 123 Millionen Euro klettern. Das sind satte 12 Prozent mehr. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn der vorgesehene Stellenzuwachs äußerst moderat ist, ist diese Entwicklung fatal. Hier holen uns die Sünden der Vergangenheit ein. Da müssen wir gegensteuern. Ein Punkt, an dem das ohne wesentliche Qualitätseinbußen für die Bevölkerung möglich ist, ist das Kommunale Integrationszentrum.
Meine Damen und Herren, hier geht es nicht um sozialen Kahlschlag, wie die SPD in einer Pressemitteilung Glauben machen will, sondern darum, etwas Druck aus einem bürokratischen Wasserkopf zu nehmen. Durch Reduzierung, nicht durch Abschaffung. Unsere Kritik wird in den Städten und Gemeinden geteilt. Ich habe im Vorjahr an dieser Stelle den Grünen-Ratsherrn Hans-Heinrich Wegener aus Mettingen zitiert mit seiner Aussage: Außer schönen Heftchen und Broschüren komme nicht viel. Wir beantragen deshalb eine kritische Evaluierung der Arbeit des KI und bis zum Vorliegen des Berichts einen Stellenbesetzungsstopp.
Wir stimmen auch zu, dass knapp 6,5 Millionen Euro von der Ausgleichsrücklage in die allgemeine Rücklage umgebucht werden, um dann die isolierten Belastungen für den Haushalt in 2026 auszubuchen. Für uns ist dies unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit zwingend. Wir vermeiden so jahre- oder gar jahrzehntelange Abschreibungen zu Lasten der Kommunen.
Herr Termathe, wir haben Ihre Mahnung angesichts der geringen Eigenkapitalquote des Kreises im Ohr. Wir geben aber zu bedenken, dass die Eigenkapitalquote des Kreises anders zu beurteilen ist als bei einem privatwirtschaftlichen Unternehmen.
Schade, dass die einmalige Ausbuchung nicht auch für die auf das Jugendamt entfallenden 4,2 Millionen Euro möglich ist. Schon heute ist die stetige Erhöhung der Jugendamtsumlage besorgniserregend. Für 123,5 Millionen Euro – 8,1 Millionen mehr als im laufenden Jahr – erfüllen wir dort 2025 Pflichtaufgaben. Und ich bin ratlos. Denn offenbar ist niemand in der Lage, dem Trend durch eine Diskussion über Standards Einhalt zu gebieten. Oder ist nur niemand gewillt?
Unzureichend ist für die UWG die Entnahme von 6,5 Millionen Euro aus der Ausgleichsrücklage und der Anstieg der Kreislage auf 34,0 Prozent. Das eine ist zu wenig, das andere zu viel. Wir wollen die Städte und Gemeinden mit weiteren 3 Millionen Euro aus eigener Kraftanstrengung weiter entlasten. Ende 2025 sind dann planmäßig nur noch 10 Millionen Euro im Topf. Gerade genug, um das Risiko eines 1-prozentigen negativen Haushaltsabschlusses auszugleichen. Angesichts dieses engen Spielraums bleibt es bei einem einzigen die freiwilligen Ausgaben erhöhenden UWG-Antrag: Die 10.000 Euro für die Ko-Finanzierung eines Netzwerk-Koordinators, den die Arbeitsgemeinschaft Hospiz- und Palliativversorgung beantragt hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die das in der Oktober-Sitzung des Kreistages abgelehnt haben, geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie zu!
Meine Damen und Herren, der
Etatentwurf 2025 setzt die richtigen Akzente. Er folgt dem Gebot einer sparsamen Haushaltsführung in einer herausfordernden Zeit, ist sozial ausgewogen und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir stellen damit ausreichend Geld bereit, um die zukunftsrelevanten Themenfelder Klimaschutz und Nachhaltigkeit, Digitalisierung und demographischer Wandel angemessen zu bearbeiten. Wir gehen mit unserem Antrag zur Entlastung der Städte und Gemeinden bis an die Belastungsgrenze des Kreises, indem wir die Ausgleichsrücklage bis auf die absolut unverzichtbare Risikovorsorge reduzieren. Der Haushalt ist Spiegel einer rundum verantwortlichen, soliden Politik auch im Sinne der Generationengerechtigkeit.
Die UWG dankt allen Mitarbeitern der Kreisverwaltung für ihr großes Engagement. Unser besonderer Dank gilt allen, die uns im politischen Ehrenamt unterstützen, und den anderen Fraktionen für meistens faire Diskussionen. Wir wünschen allen eine besinnliche Weihnachtszeit. Bleiben Sie gesund.
Die UWG stimmt dem Etatentwurf 2025 zu und ist überzeugt, dass die gleich folgende Antragsberatung noch Verbesserungen zugunsten der Städte und Gemeinden bringt.